»Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.« (2. Korinther 5,10a)
Liebe Geschwister,
ist es eigentlich schlimm oder tragisch daran, wenn wir offenbar werden müssen? Das wäre ja nur dann so, wenn wir etwas zu verbergen hätten. Ja, niemand ist perfekt, am wenigsten ich selbst, so weit ich das sehen kann: Mich nämlich kenne ich am besten. – Ich finde es nicht bloß ungemein tröstlich, sondern geradezu erforderlich, dass Christus sich als Richter nicht wird täuschen lassen.
Masken und Fassaden
Heutzutage sind Masken und Fassaden so ungemein wichtig. In der Politik: Wichtiger als anständige Kandidierende sind manchmal solche, die im Fernsehen oder in sonstigen Medien gut »rüberkommen«: Wir sehen es gerade, während der designierte US-amerikanische Präsident seine Regierungsmannschaft vorstellt. – Bei uns haben wir auch den Eindruck, dass für die meisten Menschen im öffentlichen Leben der Schein und die (Selbst-)Präsentation wichtiger sind als vieles an Inhalten.
Wie ist das eigentlich bei unserem Miteinander in der Nachfolge? – Wie viel lassen wir die anderen hinter die schönen Fassaden schauen? Wie ehrlich sind wir mit (a) uns selbst, (b) mit Gott und © mit den anderen?
Wenn Christus als Richter nicht zu täuschen ist, so empfinde ich das als Voraussetzung für ein gerechtes Gericht: Wie sollte er sonst gerecht richten können? Und: Klar ist, dass wir auf Gnade angewiesen bleiben bei allem Bemühen um unsere Nachfolge. Wir sind nicht perfekt, und darum ist es so nötig, dass Gott selbst die Welt in Christus versöhnt. – Über Details mag man streiten, aber doch nicht übers Grundsätzliche!
Wenn wir in der Zeit vor dem Advent über das Wiederkommen Christi nachdenken, ist das nicht verkehrt. – Gefühlt nämlich rutscht uns leicht aus der Wahrnehmung, dass Christus überhaupt wiederkommen wird. Es ist ja rund zweitausend Jahre her. Bisher ist er nicht wiedergekommen seit Himmelfahrt.
Das Wiederkommen Christi ist weder wahrscheinlicher noch unwahrscheinlicher geworden als in der frühen Christenheit: Der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht, eben dann, wenn wir es am wenigsten erwarten. – Und einerseits freue ich mich darauf, denn Gott wird alles zurecht bringen, alle Tränen trockenen, der Welt den Frieden bringen, den sie so sehr braucht.
Andererseits ist jetzt noch die Gelegenheit, dass viele zu Christus finden, so lange er noch nicht wiederkommt zum Gericht. – Uns alle aber ermuntere ich, im Wissen um beides unser Leben so gut zu leben, wie wir es vermögen: Ehrlich, bemüht und im Hoffen auf einen gnädigen Gott.
F.W.