»Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist.« (2. Mose 23, 2)
Wow! Dieser Vers könnte kaum aktueller sein: Lass dich nicht von einer (vielleicht auch nur als solcher empfundenen) Mehrheit mitreißen – egal, ob es sich um kalkulierten Populismus zuungunsten von Minderheiten handelt, um fragwürdige gesellschaftliche Trends oder auch nur um das sogenannte Gaffen bei Unfällen auf der Autobahn.
Und doch: Der Vers steht im zweiten Buch der Bibel, ist also über 3000 Jahre alt. Er gehört zu den Kapiteln, die auf die Zehn Gebote folgen, die dem Volk Israel am Berg Sinai gegeben worden sind. In diesen Kapiteln werden die Zehn Gebote ergänzt um Regeln für das Zusammenleben im Volk. Und eben eine dieser Regeln macht deutlich, dass es nicht ausreicht, einfach nur schweigend der Mehrheit zu folgen, sondern sie ruft dazu auf, zu hinterfragen, was gerecht oder ungerecht ist, was notwendig ist und was überflüssig – und damit auch, was uns als Gesellschaft guttut und was uns schadet.
Das erfordert wenigstens zweierlei: Zum ersten die Erkenntnis, ob und womit die Mehrheit im Unrecht ist oder sein könnte. Gut, dass wir dazu von unserem Gott gleich mehrfach ausgestattet sind. Mit Sinnen und Verstand, die uns die Möglichkeit geben, Unrecht zu erkennen. Mit Gottes Wort, das uns eine Richtschnur sein soll – nicht nur die Gesetze und Regeln des 2. Mose-Buches, sondern mehr noch die Gebote, die wir von Jesus erhalten haben. Und mit einer Gemeinschaft von Christen, in der wir uns frei miteinander austauschen können – und vielleicht auch einmal anderer Meinung sein können, ohne gleich im Streit auseinander gehen zu müssen.
Und zum zweiten erfordert es Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen. Und seien wir ehrlich: als gläubige Christen sind wir inzwischen eine Minderheit. Offen seine Meinung zu sagen, auf Missstände hinzuweisen, ist im Freundes- oder Kollegenkreis, manchmal bereits in der eigenen Familie, nicht immer einfach und kann leicht Konflikte heraufbeschwören. Doch auch hierfür sollten wir uns Gottes Hilfe erbitten: Seine Nähe, die Anwesenheit des Heiligen Geistes, kann uns helfen, die richtigen Worte zu finden oder – wenn keine Einigung möglich scheint – wenigstens dauerhaften Konflikt zu verhindern, ohne uns zu verbiegen. Und vielleicht schenkt Gott uns auch den Langmut, es immer wieder zu versuchen, Menschen zu erreichen, die wir schon abgeschrieben haben.
So segne uns Gott: mit Erkenntnis, mit Mut und mit Geduld, auf dass wir zu einer gerechteren Welt beitragen können.
A. H.